Gewinnerstatuette von Thomas Demand (Foto: © Uli Maier BFF).
Die Finalisten des diesjährigen Internationalen Hochhaus Preises (IHP) stehen fest:
Fünf Gebäude aus Asien, Europa und Südamerika hat die Jury aus insgesamt 31 nominierten Hochhäusern aus 13 Ländern ausgewählt. Neben dem ästhetischen und technischen Einfallsreichtum ging es der Jury auch um den sozialen Wert des jeweiligen Projekts als „guter Nachbar“, um seinen nachhaltigen Charakter und um eine gute, zukunftsfähige Gestaltung.
Die Jurymitglieder sahen übereinstimmend die Notwendigkeit zur Begrünung, Verdichtung und maximalen Nutzung des Vorhandenen als zentrale Herausforderungen im Hochhausbau. Alle drei Aspekte miteinander zu verbinden, ist die Aufgabe, der sich Architektinnen und Architekten sowie Stadtplanende in Zukunft stellen müssen. Vor diesem Hintergrund wählte die Jury unter dem Vorsitz von Kim Herforth Nielsen aus den 31 nominierten Projekten die Shortlist mit fünf Finalisten aus.
Der IHP gilt als der weltweit wichtigste Architekturpreis für Hochhäuser. Am 12. November 2024 wird das Gewinnerprojekt in der Frankfurter Paulskirche bekannt gegeben. Die Veranstaltung wird per Live-Stream übertragen. Der IHP wird von der Stadt Frankfurt am Main gemeinsam mit dem Deutschen Architekturmuseum (DAM) und der DekaBank verliehen. Das Gewinnerprojekt wird mit einer Statuette des international bekannten Künstlers Thomas Demand und einem Preisgeld in Höhe von 50.000 Euro ausgezeichnet.
Die Finalisten des IHP 2024/25 im Überblick:
- CapitaSpring, Singapur
Architektur: BIG-Bjarke Ingels Group, Kopenhagen, Dänemark & CRA-Carlo Ratti Associati, Turin, Italien / New York, USA - IQON Residences, Quito, Ecuador
Architektur: BIG-Bjarke Ingels Group, Kopenhagen, Dänemark / New York, USA - Shenzhen Women & Children's Center, Shenzhen, China
Architektur: MVRDV, Rotterdam, Niederlande - Valley, Amsterdam, Niederlande
Architektur: MVRDV, Rotterdam, Niederlande - Bunker Tower, Eindhoven, Niederlande
Architektur: Powerhouse Company, Rotterdam, Niederlande
Ein gemischt genutztes Hochhaus in Form einer Landschaft
Der gemischt genutzte Komplex Valley belebt in Amsterdam ein bisher von klassischen Bürogebäuden dominiertes Quartier. In Form einer felsigen Berglandschaft entwachsen seine drei exzentrischen Wohntürme mit wechselnden Grundrissen einem geometrischen Sockel. In diesem sind weitere Nutzungen wie Büros und Restaurants sowie öffentliche Bereiche wie ein Spazierweg durch das „Tal“ untergebracht.
Für die Jury ist Valley ein Projekt, das „mit dem Kontrast zwischen der strengen Außenfassade und der eher zufälligen inneren Struktur spielt und so ein lebenswertes vertikales Dorf entstehen lässt. Ein Projekt, das ein ansonsten kaltes Geschäftsviertel belebt und menschlicher macht.“ Teile des Gebäudes wurden bewusst für die Öffentlichkeit geöffnet, um Besuchenden Einblicke in die Umgebung zu ermöglichen, die sonst nur den Bewohnerinnen und Bewohnern vorbehalten sind.
Das Amsterdamer Stadtviertel Zuidas soll von einer reinen Bürostadt in ein gemischtes Quartier umgewandelt werden. Autobahnumtost und bislang eher stereotyp bebaut, verkörpert das Valley als Solitär die erwünschte Trans-formation auf eindrucksvolle Weise. Nach außen fügt sich das Gebäude mit seiner verspiegelten Glasfassade unauffällig und kühl in die Büroumgebung ein. Nach innen zeigt das mischgenutzte Hochhaus sein namensgebendes Antlitz: Über einem gemeinsamen Sockel erheben sich drei felsenartige Türme, die von einem tiefen Tal zerschnitten sind.
Der Kontrast zur glatten Außenfassade könnte größer nicht sein – warmer Naturstein, viel Grün und spektakuläre Vor- und Rücksprünge charakterisieren die Innenansicht. Zwei steinerne Außentreppen machen das Tal direkt von der Straße aus bis zum 5. bzw. 6. Obergeschoss für alle zugänglich. Wie ein Wanderweg schlängelt sich der öffentliche Weg durch die zerklüftete „Landschaft“ des Valley. An dessen Boden befinden sich zwei kleine Seen, die als Oberlicht die darunter befindliche Lobby, die sogenannte Grotte, mit Tageslicht versorgen. Sie ist ebenfalls mit Naturstein verkleidet und verbindet Restaurants, Geschäfte, Kulturflächen und die in den Stockwerken darüber liegenden Büros miteinander. Ab dem achten Obergeschoss verteilen sich die rund 200 Wohnungen, die sich alle in Größe, Zuschnitt und Ausblick unterscheiden. Fast alle verfügen über Balkon oder Terrasse, in den übrigen Wohnungen lässt sich der Außenbezug über raumhohe Glasfaltwände herstellen. In den beiden obersten Geschossen bietet eine Panoramabar einen weiten Blick über Amsterdam.
Um für das komplexe Gebäude Faktoren wie Privatsphäre, Wärmeschutz, Struktur, Tageslicht und Windschutz zu optimieren, wurden parametrische Entwurfswerkzeuge verwendet. Sie ermöglichten es auch, das scheinbar zufällige Muster von über 40.000 Steinfliesen unterschiedlicher Dimension zu erstellen. Weiterhin kam eine Matrix zur Auswahl der richtigen Pflanzen für jeden Standort im Gebäude zum Einsatz; dabei wurden Kriterien wie Wind, Sonnenlicht, Temperatur und Pflege berücksichtigt. Die Bäume und Pflanzen auf den Terrassen werden von einem automatischen Bewässerungssystem und von „Fassadengärtnern“ gepflegt. Brutkästen für Vögel und Fledermäuse sowie Bienen- und Insektenhotels fördern die ganzjährige Artenvielfalt. Die eigens für das Hochhaus entwickelte Landschaftsgestaltung soll eine positive Wirkung auf das Wohlbefinden der Menschen haben, die im Valley leben und arbeiten.
- Architektur: MVRDV, Rotterdam, Niederlande
- Bauherrschaft: EDGE
- Hauptnutzung: Wohnen, Büros
- Höhe: 100 m
- Fertigstellung: Oktober 2022
- Standort: Amsterdam Niederlande
Die Jury des Internationalen Hochhaus Preises 2024/25
Die internationale Jury setzt sich zusammen aus Expertinnen und Experten der Architektur- und Ingenieurpraxis, der Lehre sowie den drei Partnern des Preises - DekaBank, Stadt Frankfurt am Main und Deutsches Architekturmuseum:
- Kim Herforth Nielsen, Gründungspartner 3XN, Kopenhagen – Juryvorsitzender
- Yasmin Al-Ani Spence, Direktorin WilkinsonEyre, London
- Roland Bechmann, Partner Werner Sobek, Stuttgart
- Jürgen Heinzel, Assoziierter Design Direktor UN Studio, Amsterdam
- Christopher Lee, Geschäftsführender Gründungspartner Serie Architects, London
- Mari Randsborg, CEO Cobe Architect, Kopenhagen
- Dr. Ina Hartwig, Kulturdezernentin der Stadt Frankfurt am Main
- Peter Cachola Schmal, Direktor Deutsches Architekturmuseum (DAM), Frankfurt am Main
- Victor Stoltenburg, Geschäftsführer Deka Immobilien Investment GmbH
Stellvertretende Jurymitglieder:
- Andrea Jürges, Stellvertretende Direktorin Deutsches Architekturmuseum (DAM),Frankfurt
- Horst R. Muth, Leiter Projektmanagement Immobilien, Deka Immobilien Investment GmbH, Frankfurt am Main
Engagiert für Architektur seit 2004
Seit 2004 wird der Preis gemeinsam von der Stadt Frankfurt am Main, dem Deutschen Architekturmuseum (DAM) und der DekaBank ausgelobt und vergeben. Er begleitet seit Anfang des Jahrtausends den weltweit andauernden Boom der architektonischen Paradedisziplin des 21. Jahrhunderts.
Ziel des IHP ist es, die Bedeutung der Architektur in die Öffentlichkeit zu tragen und ein Bewusstsein für sie zu schaffen. Verantwortungsvolle Planung und eine Gestaltung, die soziale und ökologisch nachhaltige Kriterien in den Vordergrund rückt, sind wichtige Aspekte beim IHP. Als Mitbegründerin des Preises unterstützen wir damit die Vorbildfunktion der Gewinnergebäude für das Bauen in der Zukunft.
Der International High-Rise Award gilt als einer der weltweit wichtigsten Architekturpreise für Hochhäuser. Gemeinsam mit ihren Partnern verleiht die Deka den Preis seit 20 Jahren an herausragende Gebäude, die in vorbildlicher Weise Nachhaltigkeit, äußere Form, innere räumliche Qualitäten und soziale Aspekte miteinander verbinden. Auch für die teilnehmenden Unternehmen hat der Preis aufgrund seiner Außenwirkung einen hohen Stellenwert.
Der erste Hochhauspreis weltweit
Der IHP wird alle zwei Jahre für ein Hochhaus vergeben, das exemplarische Nachhaltigkeit, äußere Gestaltung und innere Raumqualitäten wie auch soziale und städtebauliche Aspekte zu einem vorbildlichen Entwurf verbindet. Weitere Kriterien sind innovative Bautechnik und Wirtschaftlichkeit. Der IHP gilt als einer der weltweit wichtigsten Architekturpreise für Hochhäuser. Er richtet sich an Architekt:innen und Bauherr:innen, deren Gebäude mindestens 100 Meter hoch sind und in den vergangenen zwei Jahren fertiggestellt wurden.
Der Preis geht an die Architektin oder den Architekten und den Bauherrn gemeinsam. Sie erhalten eine Skulptur des renommierten Künstlers Thomas Demand und ein Preisgeld in Höhe von 50.000 Euro, das die Gewinnerinnen und Gewinner an Institutionen im Bereich Architektur und Städtebau spenden.
Die bisherigen Gewinner des IHP
- Norra Tornen, Stockholm, Schweden (2020), Architektur: Office for Metropolitan Architecture (OMA)
- Torre Reforma, Mexiko-Stadt, Mexiko (2018), Architektur: LBR&A Arquitectos
- VIA 57 West, New York NY, USA (2016), Architektur: BIG – Bjarke Ingels Group
- Bosco Verticale, Mailand, Italien (2014), Architektur: Boeri Studio
- 1 Bligh Street, Sydney, Australien (2012), Architektur: ingenhoven architects / Architectus
- The Met, Bangkok, Thailand (2010), Architektur: WOHA
- Hearst Headquarters, New York NY, USA (2008), Architektur: Foster + Partners
- Torre Agbar, Barcelona, Spanien (2006), Architektur: Ateliers Jean Nouvel
- De Hoftoren, Den Haag, Niederlande (2004), Architektur: Kohn Pedersen Fox Associates