„Sinnvestieren“ statt Investieren. Nachhaltiger Wandel im Immobilienbestand.

Mitte der 2000er begann ESG, damals noch unter der Überschrift „Nachhaltigkeit“, in der Bau- und Immobilienwirtschaft an Fahrt aufzunehmen. Was zunächst mit Neubauzertifizierungen begann, entwickelte sich rasch zu einem zentralen Bestandteil vieler Entscheidungen. Heute prägen Nachhaltigkeit, Transparenz und soziale Verantwortung nahezu alle Prozesse – vom Bau bis zum Betrieb. Immobilien sollen ökologisch effizient, wirtschaftlich attraktiv und gesellschaftlich relevant sein. 

Auch das Anforderungsprofil von Asset Managern hat sich im Zuge dieser Entwicklungen verändert. Neben der rein kaufmännischen Verwaltung gewinnt die Betreuung der Mieter und derer, die es werden wollen, zunehmend an Bedeutung. Die Umsetzung von ESG-Kriterien erfordert ein tieferes fachliches Verständnis und eine engere Abstimmung zwischen Eigentümern, Nutzern und anderen Beteiligten. Hinzu kommen stetige regulatorische Veränderungen, die zusätzliche Anforderungen schaffen.

Wie Deka Immobilien mit diesen Veränderungen umgeht, haben wir exemplarisch an einem unserer größten Häuser, dem TOWER185, untersucht und in eine Zeitleiste der ESG-Entwicklungen in der Immobilienwirtschaft eingeordnet.

Europaviertel – Ideen werden Realität

Der TOWER185 liegt im Frankfurter Europaviertel, in einem jungen Stadtquartier, das auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs entstand. 

Seit den 2000er-Jahren entwickelt und verbindet das Viertel Wohnen, Arbeiten und Freizeit in unmittelbarer Nähe zur Messe. 2011 fertiggestellt, markiert der TOWER185 mit seiner 200 Meter hohen Silhouette einen städtebaulichen Akzent am Boulevard Friedrich-Ebert-Anlage und dient als Tor zum Europaviertel. 

Umgeben von moderner Büro- und Wohnarchitektur, Parks sowie Einkaufs- und Gastronomieangeboten, steht er sinnbildlich für die Transformation des Areals vom Industrieareal zu einem urbanen, gemischt genutzten Stadtteil Frankfurts.

Von Christoph Mäckler, dem Architekten des TOWER185, sind aus der Planungsphase zwei Äußerungen überliefert, deren Inhalte auch heute in der Bau- und Immobilienwirtschaft noch höchste Aktualität genießen:

  • 25% der Energiekosten sollten gegenüber einem zu dieser Zeit „normalen“ Hochhaus eingespart werden.
  • „Hauptsache nicht ‚Eschborn auf der grünen Wiese‘.“

Während die zweite Aussage auf die Nachverdichtung vorhandener urbaner Strukturen abstellt und eher die Stadtplanung adressiert, hatte die erste Aussage direkten Einfluss auf die Planung der Fassade und das Energiekonzept des Gebäudes. Im Bereich der Naturstein- und Aluminiumfassaden wurden die Glasflächenanteile gegenüber vergleichbaren Gebäuden der Zeit reduziert.

Von der Fertigstellung zur bedarfsgerechten Weiterentwicklung

Auch der damalige Entwickler des TOWER185, die Vivico bzw. heutige CA Immo, spürte im Verlauf des ambitionierten Projektes die durch die Verschärfungen der Energieeinsparverordnung und die Einführung verschiedener Gebäudezertifizierungssysteme in Deutschland aufkommende Wahrnehmung für das nachhaltige Bauen. Für die Planung und den Bau wurden gleich zwei Zertifizierungen (DGNB und LEED jeweils in „Gold“) erreicht.

Auch wenn zu dieser Zeit sicherlich Vertriebsinteressen seitens vieler Projektentwickler bei der Durchführung von Gebäudezertifikaten überwogen, verschaffen die Zertifikate dennoch auch heute noch ein gewisses Maß an Transparenz im Hinblick auf die baulichen Qualitäten eines Gebäudes wie des TOWER185. Gleichzeitig ist aber eine beim Bau erreichte Zertifizierung allein im heutigen Marktumfeld kein ausreichendes Indiz für eine im Sinne der Mieter und Investoren nachhaltig gemanagte Immobilie. Für die Deka Immobilien dient eine Neubauzertifizierung als Ausgangspunkt für einen proaktiven nachhaltigen Betrieb und eine bedarfsgerechte Weiterentwicklung ihrer Immobilien.

Durch kluge Substanzentwicklung nachhaltig handeln

Seit die Deka Immobilien den TOWER185 im größten bisher getätigten Einzelinvestment des Unternehmens übernommen hat, ist im Gebäude vieles in Bewegung. Gemeinsam mit den Nutzern wird der Standort fortlaufend an deren Bedürfnisse angepasst. Kluge Substanzentwicklung ist die Grundlage für nachhaltiges Handeln im TOWER185. 

„‚Sinnvestieren‘ statt Investieren: Durch kluge Substanzentwicklung nachhaltig zu handeln, das Gebäude mit den Unternehmen weiterzuentwickeln, die hier ihre Homebase haben, und es an die Nutzerbedürfnisse anzupassen: Das ist unser erklärtes Ziel.“

 

Im Bereich Energie- und Ressourcenverbrauch basieren alle Entscheidungen auf einer kontinuierlichen Analyse der Verbräuche von Wärme, Strom und Wasser im Gebäude. Dabei werden die Ergebnisse regelmäßig über den Carbon Risk Real Estate Monitor (CRREM) mit den Reduktionszielen des Pariser Klimaabkommens abgeglichen.

Unterstützt wird dieser Prozess auch beim TOWER185 durch den Einsatz innovativer Smart-Data-Technologie . Allein die Verwendung digitaler Steuerungsoptimierung reicht in einem Objekt mit der Größe und der Mietervielfalt des TOWER185 jedoch nicht mehr aus. Vielmehr baut das Team aus Asset-, Property- und Facility-Management darauf auf und initiiert weiter gezielt Maßnahmen zur Optimierung der Ressourcenverbräuche und zur Steigerung des Wohlbefindens der Nutzer.

Gegenüber dem ursprünglichen Bau hat sich im Vergleich zu heute im TOWER185 eigentlich „alles“ verändert.
In den vergangenen zehn Jahren haben wir Lösungen entwickelt, die flexibel, nachhaltig und zukunftsgerichtet sind, um den Anforderungen von heute und morgen gerecht zu werden.

Nicolas Carey Technischer Projektmanager TOWER185

Mehr sehen bei geringerem Verbrauch

Zur Bauzeit wurde der TOWER185 mit einer Mischung damals üblicher Leuchtmittel (Leuchtstoffröhren, Halogenleuchten etc.) ausgestattet. In den Allgemeinbereichen und Flurzonen ist die Beleuchtung fest in den Decken verbaut, während die Bürozonen mit Stehleuchten bestückt wurden. Diese ca. 5.000 Leuchten, verteilt auf 50 Etagen im TOWER185, sechs Etagen im Sockelgebäude und in den zwei Untergeschossen, erhalten ein Upgrade der Leuchtmittel. Mit den Herstellern der Leuchten wurde gezielt Kontakt aufgenommen und wurden speziell für die Produkte im TOWER185 LED-Retrofits entwickelt. So können die verbauten Leuchten sowie die Stehleuchten im Gebäude verbleiben, während lediglich das Leuchtmittel und dessen Anschluss ersetzt werden müssen. Die Produktion, Anlieferung und der Einbau neuer kompletter Leuchten werden so vermieden und die Entsorgung der vorhandenen Leuchten entfällt.

Für die Nutzer des TOWER185 wird durch dieses groß angelegte Retrofit schrittweise der Stromverbrauch für die Beleuchtung reduziert und gleichzeitig die Ausleuchtung der Flächen verbessert. Denn die neuen Leuchten sind nicht nur energieeffizienter, sondern entsprechen auch gleichzeitig heutigen modernen Anforderungen an die Lichtqualität. Der Großmieter PwC hat sich für seine bestehenden Mietflächen dieser Entwicklung angeschlossen und führt den Austausch dort als Teil seiner eigenen Nachhaltigkeitsaktivitäten durch.

Mobilitätskonzept – die größte Stromtankstelle Deutschlands

Im Jahr 2022 bekam der TOWER185 die größte Stromtankstelle in einer Büroimmobilie in Deutschland (mehr zu E-Mobility). Den Nutzern stehen 130 E-Ladepunkte zur Verfügung, was etwa 25 % der verfügbaren Stellplätze entspricht.
Die Versorgung der Ladepunkte erfolgt zu 100 % aus Ökostrom. Dabei sorgt ein intelligentes volldynamisches Lastmanagement für eine optimale Ladung der Fahrzeuge. 

Vorhandenes nutzen – der Weg zur Kreislaufwirtschaft

Über die Zeit hat sich in der 45. Etage des TOWER185 ein Ort der Ideen entwickelt. Zunächst wurden Teile der damals leer stehenden Fläche zu einer Eventfläche für interne Nutzer umgewidmet. Ein Teil dieser Fläche zeigt möglichen Mietinteressenten die Qualitäten des TOWER185 auf, während eine Work-&-Play-Fläche allen Mietern für Veranstaltungen und Workshops zur Verfügung steht. Auf der verbleibenden Fläche entstand nest185, eine Erlebnisfläche für moderne und nachhaltige Arbeitswelten. Sie bietet Raum für Networking, Inspiration und branchenübergreifende Zusammenarbeit.

Gleichzeitig macht die Fläche aber auch die Wandelbarkeit des TOWER185 erfahrbar. Unterschiedliche Raumsituationen werden dargestellt, die andere und auch zukünftige Nutzer des Towers inspirieren sollen. Dabei kommen auch vorhandene und in anderen Bereichen des Gebäudes nicht mehr verwendete Bauteile für den Innenausbau zum Einsatz. Wiederverwendbarkeit, Flexibilität und Wandelbarkeit stellen die Grundlage für einen Kreislaufgedanken innerhalb des Towers dar.

Inspiriert von den Ideen bei nest185 wurden bei einer der letzten Neuvermietungen sogar die CO2-Auswirkungen des Mieteraus- und -umbaus mittels eines Circularity Passports bewertet. Mithilfe des Passports konnten einzelne Entscheidungen, wie z.B. die Wiederverendung von vorhandenen Glastrennwänden oder Bodenbelägen neben einer reinen Kostenbewertung auch ökologisch untersucht werden.

Anforderungen an den Bestand im stetigen Wandel

Nachhaltige Gebäude stellen nicht nur hohe Anforderungen an Planung und Betrieb, sondern auch an Kommunikation und Beratung. Viele Mieter und Interessenten sind angesichts neuer Nachhaltigkeitsstandards noch unsicher, was zu einem erhöhten Bedarf an Aufklärung und Schulung führt – auch für Asset- und Property-Manager, die als zentrale Ansprechpartner im Alltag fungieren. Dabei erfordert der Umgang mit nachhaltigen Gebäuden ein hohes Maß an Kreativität in der Beratung, um Vertrauen zu schaffen und Transparenz zu gewährleisten.

Zugleich gilt: Auch ein nachhaltig zertifiziertes Gebäude bleibt nicht statisch. Es altert, benötigt kontinuierliche technische Pflege und muss regelmäßig durch Updates an aktuelle Standards angepasst werden. Nur so lassen sich die Qualität und die Nachhaltigkeitsziele gleichermaßen langfristig sichern.

Bilanzierungsgrenzen: Die dargestellten Werte basieren bei der Prognose und zum Ankauf auf den Daten des Energieausweises. Die Darstellung umfasst Scope-1- und Scope-2-Emissionen. Bei Scope 3 sind nur anteilig Daten für Strom aus Beleuchtung berücksichtigt.

Nutzerbedürfnisse weiter antizipieren

Mit Blick auf die weitere Entwicklung des TOWER185 wird ein Update der Zertifizierungen aus der Bauzeit angestrebt. So sollen alle betrieblichen Belange des Towers durch eine DGNB-Zertifizierung für Gebäude im Betrieb auf den Prüfstand gestellt werden. Das System stellt dabei auf die konkrete Maßnahmenentwicklung, -umsetzung und -kontrolle ab. 

Eine an ein amerikanisches Unternehmen vermietete Fläche wird wiederum mit einem eigenen Zertifikat für Mieterausbauten, „LEED for Interior Design and Construction“, ausgestattet. In diesen Prozess werden außerdem die Erfahrungen aus nest185 und dem Circularity Passport weiter in der Praxis vertieft.

Der TOWER185 hat sich neben dem Hauptmieter PwC mittlerweile zur Homebase für zahlreiche weitere Unternehmen entwickelt. Um die Vernetzung der Nutzer zu fördern, sollen weitere zugängliche Flächen für Events sowie eine Inhouse-Gastronomie entstehen. Dieses Vorhaben unterstreicht einmal mehr die Vielseitigkeit und Wandelbarkeit des TOWER185.

Der stetige Austausch zu Nachhaltigkeitsaktivitäten ist beim TOWER185 im Team und mit den Nutzern fester Bestandteil unserer Arbeit.
Dabei entstehen zahlreiche kreative Ideen, die den TOWER185 mit Leben füllen und zu einem inspirierenden Arbeitsort machen.

Annette Kaiser Asset Managerin TOWER185